ADHS: Weshalb es bei Frauen oft nicht erkannt wird

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ADHS-Betroffene leiden an Konzentrationsschwierigkeiten und sind oft hyperaktiv. Doch nicht immer zeigt sich die Störung gleich. Gerade bei Frauen und Mädchen äussert sich ADHS durch andere Symptome als bei Männern und Buben.

Was ist ADHS?

ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Betroffene haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, sind hyperaktiv oder impulsiv. Die Symptome können stärker oder schwächer ausgeprägt sein, es gibt also nicht eine einzige Form von ADHS.

Ist ADHS eine Krankheit?

Es besteht Uneinigkeit darüber, ob ADHS als Krankheit zu betrachten ist oder vielmehr als nicht krankhafte individuelle Besonderheit. Experten sprechen oft auch von einem Neurotyp oder von Wesenszügen. Je nach persönlichem Wesen zeigen sich ADHS-Betroffene dann eher extrovertiert und hyperaktiv, eher introvertiert und ruhig, manchmal aber auch sehr strukturiert und fokussiert.

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Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen

Bei Jungen wird eine ADHS häufiger festgestellt als bei Mädchen. Dies bedeutet jedoch nicht zwingend, dass Mädchen auch tatsächlich seltener betroffen sind. Eine Erklärung für den Unterschied finden wir auch darin, dass sich eine ADHS bei Mädchen anders zeigt als bei Jungen.

  • Jungen mit ADHS verhalten sich nämlich oft impulsiv und hyperaktiv. Sie haben einen starken Bewegungsdrang und Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Sie sind also eher laut und fallen auf.
  • Mädchen dagegen leiden eher unter Unaufmerksamkeit und bemühen sich aber, nicht aufzufallen. Das ist mit ein Grund, weshalb die Störung bei Mädchen oft nicht entdeckt wird.
Man geht bisher davon aus, dass ADHS zum Teil auch vererbt werden kann.

ADHS als «Jungenkrankheit»

Eine weitere Erklärung des Geschlechterunterschieds ist, dass ADHS als eine «Jungenkrankheit» bekannt ist. Früher sprach man gar vom «Zappelphilipp-Syndrom» – viele sehen also die typischen Ausprägungen bei Jungen als klassische Symptome von ADHS an. Solche geschlechtlichen Vorurteile, auch Gender Health Gap genannt, führen dazu, dass ADHS bei Mädchen oft nicht in Betracht gezogen wird. Bereits die Zahl der Untersuchungen beziehungsweise Verdachtsfälle ist bei Mädchen deutlich geringer.

Was ist der Unterschied zu ADS?

ADHS wird in drei verschiedene «Subtypen» aufgeteilt. Unaufmerksame ADHS wird vor allem durch Konzentrationsschwierigkeiten und leichte Ablenkbarkeit charakterisiert. Teilweise spricht man in diesem Fall von ADS. Bei hyperaktiv-impulsiven ADHS sind Hyperaktivität und Impulsivität die Hauptsymptome. Zuletzt gibt es noch den kombinierten Typ, bei dem sowohl Hyperaktivität als auch Konzentrationsschwierigkeiten verstärkt auftreten.

Symptome bei Mädchen

ADHS bei Mädchen äussert sich zudem eher durch eine innere Ruhelosigkeit und erhöhte Ablenkbarkeit. Die Hyperaktivität ist weniger ausgeprägt als bei Jungen. Mädchen ziehen sich dann eher zurück. Auch dies sind keine Symptome, die üblicherweise mit ADHS in Verbindung gebracht werden, was die Erkennung zusätzlich erschwert. Mit zunehmendem Druck führt das möglicherweise zu:

Früherkennung wichtig

Um bei Kindern den Verlauf einer ADHS positiv beeinflussen zu können, ist eine Früherkennung wichtig. Wenn ADHS nicht erkannt wird, fällt es dem Kind schwer, sich in seinem Umfeld einzugliedern. Bei Kindern bringt ADHS häufig Schwierigkeiten in der Schule und im sozialen Leben mit sich.

Wie kann die Diagnose bei Mädchen verbessert werden?

Um die Früherkennung von ADHS zu verbessern, ist es zunächst wichtig, auf die unterschiedlichen Symptome bei Jungen und Mädchen aufmerksam zu machen. Hier setzt die geschlechtsspezifische Forschung, auch als Gender Medicine bekannt, an. Wenn die Symptome bei Mädchen besser bekannt sind, können Screening-Verfahren und Tests darauf ausgerichtet werden. Dies wiederum erhöht die Chance, eine ADHS früh zu erkennen und zu behandeln.

Individuelle Behandlung

So individuell wie die Symptome, ist auch die Behandlung der Betroffenen. Nicht alle Kinder benötigen eine medikamentöse Behandlung.

Diese Therapieformen können ADHS lindern:

  • Verhaltenstherapie
  • Behandlung mit Medikamenten
  • gesunde Ernährung
  • Bewegung & Sport

Auch Erwachsene sind betroffen

ADHS tritt nicht nur im Kindesalter auf, sondern besteht auch im Erwachsenenalter weiter. Oft wird ADHS schon als Kind diagnostiziert. Doch in vielen Fällen leiden auch Erwachsene unter einer nicht entdeckten ADHS. Die kann jedoch meist mit Verhaltenstherapie oder Medikamenten gut behandelt werden.

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Mangelnde Aufmerksamkeit

Hyperaktivität ist bei Erwachsenen oft weniger ausgeprägt, dafür haben sie Konzentrationsschwierigkeiten und sind impulsiv. Auch hier können Geschlechterunterschiede bestehen, wonach Frauen eher nach innen, Männer nach aussen gerichtete Symptome zeigen. Wie bei Kindern erschwert dies die Erkennung bei Frauen.

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